Donnerstag, 14. November 2013

Lieder über Sternenkinder 1.Bodo Wartke- Christine

 Hier ein wunderschönes Lied, wie ich finde, das ein grosser Bruder, viele Jahre später, seiner kleinen, als Baby verstorbenen Schwester widmet. Christine, die kleine Schwester. Bodo Wartke, der grosse Bruder, Klavierkabarettist. Das Lied "Christine" findet sich auf seinem Album "Klaviersdelikte" von 2012. In diesem Video wird das Lied  interpretiert von Thomas Hamann.



Bodo singt von seiner Trauer als grosser Bruder eines Sternenkindes, und darüber wie er sich ausmalt, was wohl aus seiner Schwester geworden wäre, die bis heute ein wichtiger Teil seines Lebens bleibt. Darüber wie er viele Jahre sagte, er sei ein Einzelkind, und heute, viel vollständiger aus seiner Sicht, Christine, die kleine Schwester, erwähnt.

Komme ich mit anderen Menschen ins Gespräch und berichte über meinen verstorbenen ersten Sohn liegt nicht selten auf einmal eine warme Hand auf meiner meiner und das Gegenüber hat auf einmal Tränen in den Augen- und Geschichten von vor langer Zeit verstorbenen Geschwisterkindern werden erzählt. Manchmal bewusst betrauerte, manchmal über Jahrzehnte lang verschwiegene oder als Tabuthema der Familie behandelte: für immer kleine oder grosse Schwestern und Brüder. 

Hier der komplette Text von "Christine":

Ich erinner mich nicht mehr ich war noch zu klein
ich war grade einmal drei und der Ältre von uns zwein
drei Jahre schein wie ein beträchtlicher Betrag
zu Dir im Vergleich denn Du wurdest nur einen Monat und einen Tag
das es passieren würde war im Grunde klar
und von Anfang an absehbar
trotzdem brach es über uns herein wie eine Lawine
ich hab Dich nie gesehn
Christine

Als Mama an dem Tag nach Hause kam
nahm sie mich wortlos in den Arm
und ich saß stundenlang auf ihrem Schoß
sie hielt mich fest und sie ließ mich seitdem nicht mehr los
man macht trotz aller Melancholie
so gut es geht im Leben eben irgendwie
zum bösen Spiel gute Miene
funktioniert wie eine Maschine
sucht Halt in Gestalt von alltäglicher Routine
wahrt die äußre Fassade doch ist innerlich Ruine
Du fehlst uns
Christine

Ab und zu frag´ ich mich, was wäre wenn
wie es wohl wär' Dich hier zu haben wie es wohl wär´ Dich zu kenn'
was glaubst du wie sehr wären wir einander gleich
wo wärst Du jetzt wie wärst Du heute vielleicht
hättest Du die Dickköpfigkeit von unserem Vater
oder machtest ab und zu genau wie ich Theater
höchstwahrscheinlich wärst Du eine ziemlich flotte Biene
wie unsere Mutter früher
Christine

"Haben Sie Geschwister" werd ich manchmal gefragt
"Nein ich sei Einzelkind" hab ich früher immer gesagt,
dabei war das "Ja" aber eigentlich gar nicht wahr.
Ich hab eine Schwester,
die ist zwar nicht mehr hier,
aber Sie ist da...

Quelle: http://www.songtextemania.com/christine_songtext_bodo_wartke.html
 
Alle Infos über Bodo Wartke: http://www.musictory.de/musik/Bodo+Wartke

Geschichten von betroffenen Eltern Teil 1

Abschied nehmen noch während der Schwangerschaft- ein Beitrag zum SWR Nachtcafé vom 8.11.13

Manchmal sehen sich Eltern mit Entscheidungen konfrontiert, die sie nie im Leben treffen wollten. Die Schwangerschaft zu Ende er-leben oder nicht, mit dem Danach leben oder lieber vorher ein Ende setzen? In bestimmten Situationen können aus medizinischen Gründen noch spät Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden. Die manchmal hilfreiche, aber auch aus ethischen Gründen heftig diskutierte Pränataldiagnostik spielt hier eine wichtige Rolle. Denn sie macht Krankheiten, kleinste Veränderungen, in den meisten Fällen auch nur das Risiko gewisser Erkrankungen sichtbar und stellt so das Leben des noch ungeborenen Kindes auf die Waagschale und zur Debatte. Spätabbrüche sind rechtlich möglich, z.B. wenn die Gesundheit der Mutter durch den Fortgang der Schwangerschaft bedroht wäre (z.B. durch schwerwiegende Infektionen) , weil das Kind nur schwer behindert leben würde oder ausserhalb der Gebärmutter gar keine Überlebenschancen haben würde. Soll mein Baby die Schwangerschaft zu Ende leben, oder nicht? Beiden möglichen Entscheidungen gehen emotionale, nervenaufreibende Entscheidungsprozesse zuvor. Und manchmal kommt es durch die traumatische Situation, wie in Trance – noch dazu umgeben von Zeitdruck und äusseren Zwängen wie sie in Krankenhauskontexten leider meistens herrschen- vielleicht zu keiner Herzensentscheidung. Viele Mütter, viele Eltern, leiden später unter der Entscheidung die sie unter Zeitdruck, unter Schock trafen, die Schwangerschaft beenden zu lassen. Meist spielt die Zeit die fehlte eine grosse Rolle. Die Zeit die notwendig gewesen wäre, die Diagnose zu verarbeiten, sich von dem Kind noch im schwangeren Bauch zu verabschieden, von den Wünschen und Träumen die mit der Schwangerschaft verbunden waren.

Ich kenne Mütter, Eltern, die sich mit Mut dazu entschieden haben: ja, das Kind soll auf die Welt kommen, wenn es sein Moment ist, die Schwangerschaft soll nicht abgebrochen werden. Z.B. das HR/ WDR Radiofeature von 2012- „das (kurze) Leben der Lilli Lion“ von Karla Krause erzählt die Geschichte einer jungen Mutter, die sich trotz diagnostiziertem Turner Syndrom bei der Tochter eben dafür entscheidet und einem jungem Paar, welches dann das Sterben des eigenen Kindes in den Momenten nach der Geburt erlebt. Wie die Planung der Bestattung und Hoffnungsschimmer, das doch alles ein Irrtum sein könnte, die Schwangerschaft begleiteten erzählt das 52-minütige Radiofeature.


Hier das komplette Radiofeature zum Anhören:

http://www.ardmediathek.de/wdr-5/dok-5-das-feature?documentId=15310292

Die Entscheidung die Schwangerschaft beenden zu lassen. Ein sehr tabuisiertes Thema. Die Trauer um das früh verstorbene Kind ist meist besonders schwer, da sie sozusagen „nicht authorisiert“ ist - das Umfeld denkt dann oft, die betroffenen Mütter hätten die Entscheidung ja herbeigeführt, hätten auch anders entscheiden können, wieso dann Trauern? Verkannt wird, dass die Mütter, die Eltern, die ihr Kind durch eine solche Entscheidungsherbeiführung verlieren, genauso um ihr Kind, ihr Sternenkind, trauern. Offen oder eben aus Scham oder Angst isoliert. Es wird wenig über stille Geburten geredet, in diesem Kontext vielleicht erst recht? Es ist ein heikles Thema und mir fällt es gar nicht so leicht passende Worte zu finden. Umso wichtiger ist z.B. der Beitrag in dem Buch „Still geboren“ von Maureen Grimm und Anja Sommer. In zwei exemplarischen Erzählungen über den Verlust eines Babies möchten die beiden Autorinnen veranschaulichen wie wichtig Rituale beim bewussten Verabschieden des toten Kindes sind. Wie wichtig Zeit und ein würdiger Raum beim Abschied von einem totgeborenen oder nach einer Frühgeburt verstorbenen Kind sind. In einer der beiden Erzählungen geht um die Geschichte einer jungen Mutter die durch die Diagnose einer schweren Infektionen zu dem späten Abbruch der Schwangerschaft gedrängt wird. Und unter traumatischen Bedingungen ihr Kind viel zu früh auf die Welt bringt.

Ebenso wichtig sind die Berichte betroffener Mütter, betroffener Eltern- Berichte die wichtig sind, damit es zu Veränderungen, die zu mehr Würde bei stillen Geburten führen, kommt: in der Kultur der Geburtshilfe, dem Bestattungswesen und -recht, der gesellschaftlichen Haltung zu den stillen Geburten, die aus vielen verschiedenen Gründen geschehen.
Am 8.11. sah ich durch Zufall das SWR Nachtcafé im Fernsehen. In dieser Gesprächsrunde zum Thema „der Fehler meines Lebens“ kommt der Moderator mit verschiedenen Gästen ins Gespräch. Auch eine Mutter, Marion Erdinger, die heute den Spätabbruch ihrer Schwangerschaft mit einem Kind mit Down Syndrom sehr bereut, kommt zu Wort. Im Video ab Minute 42, unten der Ausschnitt der Sendung in Schriftform. die Sehr berührt hat mich auch der Vater der in dieser Sendung zu Wort kommt und über den Tod und Verlust seiner Frau berichtet, die er und die drei gemeinsamen Kinder durch einen schweren Autounfall verloren- er selbst sass am Steuer. Wie konnte er das verarbeiten? So die ungefähre Frage des Moderators. Er betont wie wichtig dabei ein bewusster Abschied war, das Selbstgestalten in so vielen Momenten wie möglich und das Teilhabenlassen aller drei Kinder in jedem Moment. Das Bild, das er beschreibt, des ältesten, damals zehnjährigen Sohnes, der mit den Beinen über dem Grabloch, am Grab sitzend für seine Mama Gitarre spielt, ist mir in Erinnerung geblieben.

Der mutige Bericht von Marion Erdinger gibt viele Themen wider, die viele Familien von Sternenkindern betreffen: der Schock, der Zeitdruck, die eingeleitete Geburt, die Frage nach der Möglichkeit der Beerdigung, die Bestattung, die Depression nach dem Verlust, Partnerschaftsprobleme und der Wunsch nach einem weiteren Kind.

Der Link zur Sendung:
http://www.ardmediathek.de/swr-fernsehen/nachtcaf/der-fehler-meines-lebens?documentId=18038850

Das Gespräch zum Nachlesen:

Wieland Backes (Moderator)

Marion Erdinger (Mutter, von zwei Kindern, davon ein sogenannter medizinisch indizierter Spätabbruch)

Prof. Wilfried Echterhoff (Psychotherapeut und Traumatherapeut)

WB: Nach diesem Moment ist nichts mehr wie vorher- in einer bestimmten Hinsicht gilt das auch für Ihre Geschichte, Frau Erdinger, die Sie erlebt haben. Manchmal denkt man in solchen Situationen, in solchen krassen Schicksalsmomenten: kann ich überhaupt noch weiterleben? Gab es bei ihnen auch solche Momente?

ME: Also die gabs sicherlich. Gerade auch weil ich ja nicht durch Zufall in diese Situation geraten bin, sondern weil ich aktiv entschieden habe, was mit diesem Kind passiert. Also das war sicherlich eine Komponente die es noch schwerer gemacht hat. Aber das gabs lange Zeit, also ich war danach richtig in ein Loch gefallen und weg irgendwo.

WB: Die Entscheidung vor der Sie standen war die Frage, treibe ich das Kind, das in meinem Bauch ist ab, in der 20./21. Schwangerschaftswoche. Sie waren damals schon 37, es gab eine fast schon routinemässige Fruchtwasseruntersuchung, wie sie viele kennen. Meistens geht es gut, aber in ihrem Fall ging es nicht gut. Das Kind hat Trisomie 21, also kommt mit dem Down Syndrom auf die Welt. Erinnern Sie sich noch wie Sie diese Nachricht bekommen haben?

ME: Daran erinnere ich mich noch sehr gut. Das war an einem Nachmittag vor einem Feiertag. Mein Frauenarzt rief mich, er habe jetzt endlich die Ergebnisse. Das hatte sehr lange gedauert, bis die da waren. Und er sagte: Es ist ein Junge und er hat Trisomie 21...kurze Pause. Weisst du was das ist? Ich sagte, ja, weiss ich. Er hat dann nur gesagt recht kurz: morgen ist Feiertag, da haben wir nicht auf. Setz dich am Wochenende mit deinem Mann zusammen und überlegt, was ihr tun wollt. Kommt am Samstag oder am Montag dann zu mir in die Praxis.

WB: Wie ging es Ihnen mit dieser Nachricht?

ME: Also ich habe das im ersten Moment nicht so wirklich greifbar gehabt. Ich habe dann auch aufgelegt, ich war alleine an dem Nachmittag. Mein älterer Sohn (damals 2/1/2 Jahre alt) war noch bei der Tagesmutter. Ich war akut geerade in so einer Leere, mein Mann war auf Geschäftsreise, und ich wusste ich konnte ihn ad hoc jetzt nicht erreichen, ich habe dann auch zunächst meine Mutter angerufen und die Reaktion war dann schon sehr wie alle anderen Reaktionen in den folgenden Tagen auch: Oh, wann lässt du es wegmachen. Das Kind war dann schon auf ein „es“ reduziert, es war kein Junge mehr. Es ging dann nur noch um die Diskussion, wann lässt du die, wann wird die Schwangerschaft abgebrochen.

WB: Also ein Schwangerschaftsabbruch, eine Spätabtreibung ist bei uns vor diesem Hintergrund rechtlich möglich. Jetzt standen Sie aber vor dieser Entscheidung: Austragen oder Abtreibung? Wie gingen Sie in den nächsten Stunden, den nächsten Tage damit um?

ME: Also wir haben uns relativ lange Zeit gelassen, sowohl mein Mann als auch ich, wenn man das so im Vergleich sieht mit anderen betroffenen Frauen, Paaren. Wir haben uns die folgenden Tage tatsächlich nochmal Zeit genommen, eine Familie mit einem „Down-Kind“ besuchen, zu schauen, wie kann so ein Alltag mit einem behinderten Kind aussehen. Wir haben beim Jugendamt nachgefragt, wie schaut es aus, wenn wir nach der Entbindung merken wir brauchen Unterstützung, wir haben nochmal eine Feindiagnostik machen lassen weil wir wissen wollten hat das Kind Erkrankungen- hat das Kind vielleicht einen Herzfehler oder Magen- Darm- Fehlbildungen, was ja oft einher geht mit dieser Behinderung. Das war ein furchtbares Wechselbad, wir waren zwei Stunden der Meinung, ja, das schaffen wir, dann wieder zwei Stunden, nein, das können wir auf keinen Fall. Das können wir auch unserem ersten Kind nicht antun, ihn so zurückzusetzen, wenn wir wissen da kommt ein Kind mit Betreungsbedarf X, den wir noch nicht abschätzen können.

WB: Also Sie sahen sich Wechselbädern ausgesetzt, konnten keine klare Entscheidung treffen, aber Sie sahen sich ja auch auch einem gewissen Zeitdruck ausgesetzt. Also es musste ja spätestens in 23.SSW geschehen. Wie haben sie letztlich entschieden, und warum haben Sie so entschieden?

ME: also ich hab, das war so ziemlich genau eine Woche dann- ich konnte dann einfach nicht mehr. Es hat niemand in der Familie gesagt, wenn ihr euch dafür entscheidet, wir unterstützen euch. Das war von niemanden in meinem Umfeld zu hören. Es war immer relativ klar was doch zu tun sei, „das muss doch heute nicht mehr sein“. Und nach einer Woche, ich konnte nicht mehr...ich wusste nicht mehr was passiert. Und dann war auch dieses Schreckgespenst da, wenn ich noch länger warte, dann muss dieses Kind mit der Spritze zunächst getötet werden, bevor ich es entbinden kann, und das wollte ich auf keinen Fall, das wäre für mich völlig undenkbar gewesen. Wir haben dann an einem Freitag in der Klinik angerufen und zum Glück sofort einen Termin bekommen.

WB: Also in dieser Phase spürt man sein Kind schon im Bauch, spürt schon Kindsbewegungen. Wie haben sie diesen Eingriff erlebt?

ME: Dieser Eingriff ist ja eigentlich kein Eingriff, das haben wir dann auch erst im Laufe der„was ist ein Spätabbruch“ erfahren. Das ist kein Abbruch mit einer Narkose im OP, sondern das ist eine echte Entbindung. Man muss in den Kreissaal und muss das Kind entbinden, wie jedes andere Kind auch. Das war eine sogenannte Stille Geburt. ...Die Entbindung wurde eingeleitet, indem mir einen Zäpfchen eingelegt wurde, was die Wehen ausgelöst hat und ich hatte dann nach etwa zehn Stunden auch Wehen. Das Kind kam nach einem halben Tag Wehen im Kreissaal tot zur Welt...

WB: Es gab zuvor auch noch Ultraschallaufnahmen, glaube ich.

ME: Ja, es gab vorher bei der Aufnahme in die Klinik noch einen grossen Ultraschall, aus rechtlichen Gründen, wo man dann noch mal auf der Liege liegt und wunderbar den grossen Bildschirm vor sich hat. Und wo ich dann auch gebeten habe, das auszumachen , weil ich konnte das einfach nicht mehr sehen. Das Kind war von Anfang an vitaler, als mein erstes Kind. Also ich habe ihn wesentlich früher gespürt, viel mehr Bewegungen wahrgenommen schon seit einigen Wochen. Und dann hiess es: ja das müssen wir machen, wir sind dazu gesetzlich verpflichtet. Und danach wurde eben gesagt: Möchten Sie, dass wir die Geburt jetzt einleiten, ja oder nein? Wenn Sie jetzt ja sagen gibt es kein zurück mehr.

WB: Sie haben ihr totgeborenes Kind dann beerdigt.

ME: Ja, das war damals vor fünf Jahren auch keine Selbstverständlichkeit, in der Regel. Es gibt auch Kliniken wo diese Kinder auf den Sondermüll landen, wie ein amputierter Arm. Wir haben damals ein Beerdigungsinstitut beauftragen müssen, das Kind richtig abzuholen nach der Obduktion. Wir mussten damals auch einen Antrag stellen, das Kind beerdigen zu dürfen, weil es eben unter diesen 500 Gramm war, die damals noch rechtlich bindend waren. (Anm. von mir: Das Bestattungsgesetz ist Ländersache, in vielen Bundesländern können inzwischen auch unter 500 Gramm geborene Kinder bestattet werden bzw. sind sogar verpflichtet, in manchen müssen dies die Kliniken/Kommunen kostenlos übernehmen, wenn Eltern ihre Kindern nicht bestatten. Dies geschieht dann in Sammelbestattungen. Noch immer gibt es von Seiten der Kliniken aber manchmal Fehlinformationen, noch nicht alle Gemeinden/ Friedhöfe stellen für die Bestattung von Sternenkindern einen Raum zur Verfügung. Mehr zum Thema siehe: http://www.mein-sternenkind.de/bestattung/bestattungsrecht-bei-fehlgeburt/ und www.kindergrab.de ) Das war damals ein Gutwill der Gemeine ob sie dem zugestimmt haben oder nicht.

WB: Wie ging es Ihnen in der Zeit nach diesem Geschehen?

ME: Also ich habe mich moch am Laufen gehalten mit Dingen wie, du musst dich um einen Sarg kümmern- gibt es in Deutschland keine passende Sarggrösse für solche Kinder: Ich habe mich darum gekümmert die Beerdigung zu organisieren. Und als dann die Beerdigung vorbei war bin ich fürchterlich abgestürzt. Also ich war nicht mehr in der Lage mich um mein (lebendes) Kind zu kümmern, ich habe keinen Kontakt mehr zur Familie gefunden, ich habe keinen Kontakt mehr zu meinem Mann gefunden...also ich war wirklich wie, ich sage das heute, wie unter einer Decke erstickt.Das ging für fast zwei Jahre. Versucht Therapeuten zu finden, freie Plätze erst in 6/7 Monaten. Krankenkasse hart verhandelt, War nicht möglich und privat auf konnte ich es auf keinen Fall selbst finanzieren. Ich hatte einige Monate nach dem Abbruch das Glück einen Platz in einer Mutter- Kind- Kur einen Platz zu bekommen mit dem Schwerpunkt Trauer. Das war recht schwierig, das hat mir sehr geholfen da. Aber ich war in einer Gruppe von Müttern, die ihr Kind aus irgendwelchen Gründen verloren hatten und die nicht aktiv herbeigeführt hatten, dass das Kind nicht zur Welt kam.

WB: War das das Hauptthema, dass Sie das aktiv herbeigeführt haben?

ME: Damals ja. Also es war kein Zufall, ich habe das Kind nicht einfach verloren weil es so kam, sondern ich habe die Schwangerschaft aktiv beendet, also entschieden, dass das Kind nicht leben darf.

WB: Ihre Ehe kam dadurch in sehr schwieriges Fahrwasser

ME: Verständlich, wenn man zwei Jahre so...Heute ist etwas besser, aber es ist ein Bruch da der denke ich auch nicht mehr zu kitten ist.

WB: Sie haben noch versucht durch künstliche Befruchtung ein weiteres Kind zu bekommen- war das ein Versuch, darüber hin weg zu kommen?

ME: Mit Sicherheit, heute sage ich mit Sicherheit,ja. Das hat nicht geklappt, wir haben das nach vier oder fünf Versuchen sein lassen. Wo ich für mich dann gesagt habe: gut dann ist das nicht so, dann soll das auch nicht sein. Dann muss ich damit leben.

WB: Wissen Sie wie Sie heute entschieden hätten oder entscheiden würden?

ME: Also wenn ich heute in der Situation wäre würde ich keinen Abbruch mehr vornehmen. Aber ich muss es mir immer sehr klar herholen: Ich kann es letztendlich nicht entscheiden ob es eine richtige oder falsche Entscheidung war, da ich heute nicht mit einem behinderten Kind lebe. Es kann auch genauso gut sein, dass ich heute völlig zerbrochen wäre, das diese Situation noch schlimmer wäre: ein gesundes und ein krankes Kind zu haben.

WB (zu Prof.Wilfried Echterhoff) : Solche Entscheidungen sind mit die Schwersten im Leben, oder?

WE: Ja, die sind sehr schwer, weil man nie richtige, klare Information hat. Das haben wir eben auch gehört. Auch hier Unterstützung: also es gibt keine klaren Hilfsmittel für die Entscheidung. Und das ist etwas was in Richtung Tragik schon geht. Weil man im Nachhinein gar nicht mehr sagen kann, wo die Fehler passiert sind. Das einzige was man also weiss ist, dass in diesem ganzen Trubel, ihre Gefühle wahrscheinlich zu kurz gekommen sind. Sie haben sich wahrscheinlich nie auf sich selbst besinnen können (Marion Erdinger stimmt zu), weil sie immer eingespannt waren in Problemlösung, in Diskussion. Letztlich ist es immer das beste, auch für die längerfristige Zukunft, wenn man einfach seinen eigenen Gefühlszustand befragt.Und sagt - unbeeinflusst von anderen wenn es irgendwie geht: - was sagt mein Gefühl? Und Gefühle haben immer recht. Und da gibt es manchmal Widerspruch. Das was dieser riesige Computer in uns letztlich als Ergebnis ausgibt. Und dieser interne Computer, so will ich es mal sagen, kann auch mit „vielleicht“ antworten. Er antwortet mit einem Gefühl, er kann auch alle Informationen verarbeiten, auch alle Hoffnungen und Wünsche. Und diesem Gefühl, wenn man das klar spürt, dem hat man zu folgen. Und was dann daraus folgt für die Praxis- wie macht man das jetzt? Das sagt das Gefühl ja nicht. Aber es ist die Marschrichtung. Und wenn man das schafft, das ist schwer, aber wenn man das schafft, zuzulassen was man eigentlich spürt in einer Problemlage und das Gefühl auch achtet so ist das auch eine zukunftsfähige Hilfsgrösse, so dass man dann hinterher auch nichts bereuen muss. Noch einen Schlenker: Vor wenigen Tagen hat ein Medizin- und Gesundheitsfunktionär gesagt: man kann doch nicht neben jede Person einen Psychotherapeuten stellen. Das ist eine zynische Äusserung. Gerade in Hinblick auf Ihre Geschichte. Sie hätten dringend jemanden benötigt, der ihnen therapeutisch zur Seite steht, und das ist nicht gelungen. Das ist ein Systemfehler in unserem Gesundheitssystem. Gerade wenn man vor so schweren Entscheidungen steht. Das finde ich, muss geändert werden. Und der andere Appell (Anm: an die Zuschauer?): hören Sie auf ihr Gefühl.


Montag, 4. November 2013

Projekte für Sternenkinder und ihre Familien 3. Now I lay me down to sleep

Mit Bildern an das tote Kind erinnern


Film: Im Winter ein Jahr 

 

Vor einigen Tagen sah ich den Film "Im Winter Jahr" (Regie: Caroline Link, 2008). Ich finde es ist ein sehr schöner Film, der den Trauerweg einer Familie nachzeichnet. Eine Mutter gibt fast ein Jahr nachdem ihr 18- jähriger Sohn den Freitod gewählt hat, bei einem Künstler ein Porträt ihrer beiden Kinder in Auftrag: ihrer lebende Tochter und deren verstorbenen Bruders. Über die Arbeit mit dem Künstler an dem Bild öffnen sich für die grosse Schwester neue Wege auf dem Trauerweg, die Trauer kommt bei ihr und auch den Eltern wieder oder überhaupt erst ins Fliessen. Die Frage "Wo steht der verstorbene Bruder?" und "Wie sind die beiden Geschwister zueinander positioniert?" sind für den Maler wichtig bei der Fertigstellung des Bildes, aber auch für die Trauer der Familie. Am Ende steht ein Bild, anders als in Auftrag gegeben und die neuen Perspektiven für alle Familienmitglieder, die sich durch die ins fliessen gekommene Trauer zeigen.

In diesem Film geht es nicht um den sehr frühen Tod eines Kindes. Und doch sprach mich das Thema sehr an, das Bedürfnis der Mutter in dem Film, dem verstorbenen Kind, zusammen mit der Schwester einen sichtbaren Raum im Alltag zu geben, durch ein würdiges, schönes Porträt. Ihrer Trauer so Ausdruck zu verleihen. Zwar nicht durch das Selbstmalen oder selbstgestalten, aber dennoch individuell, durch die Wahl des Künstlers, ihre Ideen zur Gestaltung des Bildes. Am Klavier solle es sein, denn da machten doch die Kinder immer zusammen Musik.

Unser Album


Seit dem Verlust meines Sohnes spielt das Finden von Formen des Gedenkens eine wichtige Rolle in meinem Leben. Im Alltag, mal mehr, mal weniger sichtbar, sind es oft Symbole die dieses Gedenken für mich ausdrücken. Aber auch Bilder, Fotografien von meinem Kind, oder Zeichnungen (mehr symbolischer als abbildender Natur), die ich von ihm bekommen habe, sind immer wieder wichtig. Haben ihren festen Platz in unserer Wohnung. 
Wir haben nie " da draussen in der Welt" zusammen gelebt, einfach nur die Schwangerschaft gemeinsam erlebt. Ich habe keine Erinnerungen an sein Lachen, sein Weinen, süsse Gesichtchen wie sie Babies manchmal machen, seine Stimme. Er kam ja tot auf die Welt. Still. Die einzigen Bilder die meinen Sohn lebend zeigen sind die Ultraschallbilder. Diese füllen zusammen mit den Bildern und Anekdoten aus der Schwangerschaft und den einzigen Bildern, die wir von unserem toten Kind haben, einige noch im Krankenhaus erstellt, einige im Sarg vor der Bestattung, ein Album. Sein Album. An wichtigen Tagen, Gedenktagen, schauen wir es nochmal an, lesen darin. Oder zeigen es, wenn Mitmenschen nachfragen. Auch in den Tagen vor der Beerdigung lag es für die Familie aus, damals noch als Schwangerschaftsalbum, und diente so als Gesprächsanlass, Anlass zu fragen, gab Bilder, für Verwandte die zum Teil noch nicht einmal den schwangeren Bauch erlebt hatten und für die dieser plötzliche Tod dadurch um so unwirklicher war. Inzwischen ist es ganz schön abgegriffen, hat auch schon einige Reisen mitgemacht. Und es ist nach wie vor wichtig. Jede Familie findet ihren Ausdruck für das Erinnern. Oft sind es auch Kästchen, in welchen neben Fotografien auch besondere Kleidungsstücke oder Spielzeuge, oder sonstige für die Familie wichtige Gegenstände von symbolischem Wert enthalten sind.

Erinnerungen schaffen- Zeichnungen und Fotografie 

 

Die Möglichkeit, das verstorbene Kind zu fotografieren um so letzte, ganz konkrete, Erinnerungen zu schaffen, ist für viele Eltern sehr wichtig. Fotografien oder Zeichnungen vom Kind die z.B. noch in der Geburtsklinik angefertigt werden, von ihnen selbst, oder einem Professionellen, werden später oft in Gedenkecken aufgestellt. Mit einer Mischung aus Stolz um das für die Eltern immer wunderhübsche eigene Neugeborene und Trauer wegen der immer unausweichlicher werdenden Klarheit, dass jede Handlung, jedes Foto, jedes Streicheln eine letzte Handlung ist, schaffen sich Eltern und Familienangehörige Erinnerungsstücke- das einzige was ihnen greifbar und sichtbar von ihrem Kind bleiben wird. Fotografien scheinen hier eine besondere Bedeutung zu haben. In den meisten Krankenhäusern machen Hebammen Fotos von den Kindern, wenn die Eltern diese zunächst nicht sehen wollen oder auch einfach so als Erinnerung, sowie Hand- und Fussabdrücke, seltener auch Ohrabdrücke. Manchmal wird auch eine Haarlocke abgeschnitten und dem Erinnerungsalbum, das Eltern erhalten wenn es eine sensibilisierte Klinik ist. Wichtig ist das kompetente und achtsame Handeln des Klinikpersonals, denn die Erinnerungen haben einen hohen Wert für die Eltern. Sie sind nicht nachträglich zu schaffen. Es gibt nur diese eine Möglichkeit. Fotos können Eltern zu Einen ermuntern das Kind doch anzusehen und bei sich zu haben, oder später, nach der Bestattung die einzige Möglichkeit sein sich ein Bild von dem Kind zu machen. Und gute Aufnahmen sind wichtig, aus mehreren Perspektiven und in einem schönen Setting. Ein einzelnes mit der Zeit verblassendes Polaroidfoto sei nicht wirklich hilfreich, viele Eltern sähen ihr Kind darin nicht, betonen Maureen Grimm und Anja Sommer in ihrem Buch "Still geboren" und verweisen auf die Möglichkeit der Eltern selbst Fotografien oder Zeichnungen anzufertigen- aus ihrem Blickwinkel. Sie stellen dabei die Frage ob das behutsame und bewusste Erstellen von Fotografien oder Zeichnen des toten Kindes durch die Eltern nicht sogar ein Ritual darstellen könnte auf dem Weg der Verabschiedung. Auch die Initiative einiger Krankenhäuser wird in demselben Buch erwähnt: den Eltern nach dem Verlust einen Zeichner oder eine Zeichnerin zur Seite zur stellen, die dann in Zusammenarbeit mit den Eltern individuelle behutsame Zeichnungen von dem Kind erstellen. Der Vorteil der Zeichnung ist die Möglichkeit individuelle Besonderheiten, die den Eltern wichtig sind, hervorheben zu können. Fehlbildungen oder etwa farbliche Veränderungen des Kindes können in der Zeichnung ganz vernachlässigt werden ohne dass das Bild retuschiert, "beschnitten" wirkt. Nach der Bestattung bietet die Zeichnung die Möglichkeit nachträglich ein Familienporträt zu schaffen. Wurde dies mit dem Kind vor der Bestattung versäumt, ist es manchmal eine sehr schmerzhafte Lücke. Ich weiss von mehreren Zeichnerinnen die diese Aufgabe, das tote Kind zeichnen und/oder ein Familienporträt oder eine symbolische Zeichnung erstellen, übernehmen. Oftmals, weil sie selbst einen biographischen Bezug zum Thema Stille Geburt haben. 

Die Künstlerin Anja Sommer hat sich intensiv mit der Post-Mortem-Fotografie beschäftigt und auch eine Ausstellung zu dem Thema an der Charité ausgerichtet. Ihre Arbeit fliesst in das Buch "Still geboren" ein. Einige Zeichnungen aus ihrem Zyklus "Neonatologie" , zart gezeichnete Bilder von Frühgeborenen und verstorbenen Kinder, bilden den Mittelteil des, wie ich hier betonen möchte, wirklich sehr lesens- und hinschauenswerten Buches.

Die Initiative „Klinikaktion der Schmetterlingskinder“ bietet auf ihrer Homepage einen Qualitätskatalog für gute Bilder von Sternenkindern an, für Eltern und Professionelle.

Manchmal sind es neben den Hebammen auch Bestatter/Innen, die Fotografien von dem verstorbenen Kind erstellen, wenn die Eltern dies wünschen. Das Vertrauensverhältnis nach einem vorherigen Kennenlernen und eine gewisse Sensibilität der Fotografierenden sind dabei sehr hilfreich.


Now I lay me down to sleep



An dieser Stelle begleitet auch die NGO Now I lay me down to sleep Eltern, die einen Verlust erleben. 2005 von einer verwaisten Mutter und einer Fotografin in den USA gegründet, schult und ermutigt "Now I lay me down to sleep" professionell Fotoschaffende diesen schweren Moment im menschlichen Dasein zu begleiten und zu porträtieren, so dies der Wunsch der Eltern ist. Seit der Gründung waren/sind 11.000 Freiwillige Teil der NGO.

 

Quelle: Facebookseite von Now I lay me down to sleep. https://www.facebook.com/photo.php?fbid=10151964151093701&set=a.10150674505953701.418243.143557283700&type=1&theater
Das Motto- "Durch das Erinnern, kann eine Familie wirklich beginnen zu heilen" ("It is through remembrance that a family truly can begin to heal")- ist die Motivation der Organisation. Auch Öffentlichkeitsarbeit im Sinne der hinterbliebenen Familien von Sternenkindern gehört zu den Zielen von Now I lay me down to sleep.

https://www.nowilaymedowntosleep.org/ 

http://www.youtube.com/user/nilmdtsheadquarters

https://www.facebook.com/nilmdts

 
Fotoschaffende aus aller Welt (derzeit in 40 Ländern) stellen sich unentgeltlich zur Verfügung, um Eltern bei dem Verlust eines Babies zu unterstützen, indem sie professionelle Fotografien von dem verstorbenen Baby oder einem Baby, welches sich in einem sehr schlechten gesundheitlichen Zustand befindet, bevor es verstirbt. Auch schön gemachte Familienfotos sind für viele Familien wichtig. Die Fotografen machen dezent die Bilder, die Eltern und Geschwister können sich ganz auf das Kind konzentrieren , werden durch den Blick durch die Kamera nicht abgelenkt oder in die Rolle des Beobachters versetzt, was zusätzliche Distanz schaffen könnte. Die Fotos werden behutsam, liebevoll und so gemacht, dass sie ohne Schrecken und Graus angesehen werden können, als bleibendes und wichtiges Erinnerungsstück. Das ist etwas ganz anderes als ein kaum belichtetes Polaroidbild von einem nackten Sternenkind auf einem OP- Tisch. Manchmal sind es auch eher symbolische Fotografien, die erst einige Zeit, manchmal erst Jahre später, nach dem Verlust gemacht werden. Dahinter steht der Wunsch der Familie dieses Kind, Teil der Familie, sichtbar zu machen. Ein Familienporträt zu haben. Manchmal gibt es garkeine Fotos von dem Kind oder die Eltern haben sich das Kind noch unter Schock stehend nicht angesehen. Als Eltern sichtbar zu werden, mit einem hier auf dieser Welt zwar für die anderen nicht sichtbaren, aber für sie immer präsenten Kind ist ein Wunsch dieser Eltern. 


Durch Bilder das Schweigen brechen 


Ich möchte hier auf das Projekt „stillbirth“ der Fotografin Norma Grau (Barcelona) verweisen. Aufgrund des in Spaniens noch nicht so öffentlichen Umgangs mit Sternenkindern ist das Anliegen ihres Projektes auch, dem Bedürfnissen der Familien mit einem Sternenkind, auch den noch herrschenden Missständen, Öffentlichkeit zu geben, diesen Kindern und Eltern einen Rahmen zu geben, die Kinder beim Namen zu nennen, weshalb sie die Fotos auch ausstellt. Zuletzt mit ihrer Ausstellung "Das Schweigen brechen" ("Romiendo el silencio"). Hier der Link zur Facebookseite ihres Projektes "stillbirth" und ein Foto aus de Reihe: "Brich das Schweigen", einer Kampagne für mehr Respekt in der Gesellschaft (Anm: in Spanien) angesichts der Trauer der Eltern, die ein Baby verloren haben. Übersetzung des Textes der in das Foto eingebettet ist: "Cora ist in der 31. Schwangerschaftswoche gestorben. Sie steht nicht im Familienstammbuch. Legal hat sie nie existiert. Ihre Familie möchte nicht länger schweigen."

https://www.facebook.com/reportajeStillbirth

Auf dem Foto zu sehen sind Noe und Miguel, die ich aus der Elterntrauergruppe in Barcelona kenne, sowie Cora´s kleiner Bruder Adai.

Mittwoch, 30. Oktober 2013

Projekte für Sternenkinder und ihre Familien- 2. Die Klinikaktion der Schmetterlingskinder

Selbst wirksam zu werden hilft beim Begreifen. Einen eigenen Ausdruck für den Verlustfinden der mit Worten kaum erklärbar ist. Berühren um so berührt zu werden. Das Betrachten und in die Arme nehmen des neugeborenen, toten, oder gerade sterbenden Kindes wird inzwischen weitgehend in Kliniken unterstützt. Doch immer noch gibt es viel zu tun, viel zu informieren, damit wirklich alle Sternenkinder und ihre Familien einen würdevollen Umgang erfahren.


 
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Die Klinikaktion der Schmetterlingskinder des Vereins Frauenworte e.V. setzt an dieser Stelle an. Neben Schulungen die die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen, viele selbst verwaiste Mütter, Krankenhäusern anbieten um so zu einem informierten und sensiblen Umgang mit stillgeborenen Kindern und deren Familien, von Anfang an, beizutragen, verteilen sie auch die „Klinikkisten für Schmetterlingskinder“ an Geburtskliniken. Das von zwei betroffenen Müttern begründete Projekt entwickelte sich schnell und wirkungsvoll. So wurden in den ersten drei Jahren seit der Aufnahme der Aktivitäten bis 2012 über 300 deutsche Geburtskliniken kostenfrei mit Klinikboxen ausgestattet. Auch die regelmässige Auffüllung dieser Boxen gehört dazu. Die kleinen Schatztruhen anmutenden Kisten (so empfand ich es zumindest als ich zum ersten Mal eine sah und mit meinen eigenen Händen entdecken durfte) enthalten ausschliesslich in liebevoller Handarbeit,  wiederum durch Ehrenamtliche, hergestellte Sternenkinderkleidungsstücke und Accesoires: Kleidchen, Schlafsäcke, Wickeltücher, kleine Stoffpuppen für die Kinder, schön gestaltete Kerzen, Karten und Informationsbroschüren für die Eltern sowie Erinnerungsstücke aus demselben Stoff wie das Kleidchen, das die Eltern für ihr Kind ausgesucht haben und das sie mit nach Hause nehmen können. Die wunderhübschen, wirklich würdigen und kindgerechten Hüllen sind auch praktisch gedacht. Stillgeborene Kinder, vor allem wenn sie noch sehr klein waren, erscheinen sehr zerbrechlich. Auch Verletzungen und Fehlbildungen können Eltern erstmal erschrecken. Die warmen, kuscheligen Schlafsäckchen hüllen das Kind rundum ein, so eingehüllt und geschützt sinkt die Hemmschwelle vieler Eltern es auf den Arm zu nehmen, zu herzen- so lange wie sie das brauchen. Bis sie es aus der Hand geben können. In Moseskörbchen die in vielen Kliniken eigens für die stillgeborenen Kinder zur Verfügung stehen können Eltern ihr Kind auch bei sich im Zimmer haben. Viele Kliniken geben inzwischen in vielen Fällen 2-3 Zeit für ein solches Kennenlernen- was das würdige Verabschieden (also alle folgenden Schritte bis zur Bestattung) oftmals erst ermöglicht. Das still geborene/ verstorbene Kind wird immer wieder aus der Kühlung geholt und den Eltern gebracht. Manchmal sogar ein bisschen auf einem Wärmebett etwas angewärmt. Es geht darum den Schrecken vor einem toten Kind zu nehmen und den Abschied der zugleich Begrüssung ist, so angenehm und schön wie es eben in diesem Moment geht zu gestalten. Alles Sinneseindrücke die in diesen Momenten oder Tagen gesammelt werden müssen dann für ein ganzes Leben reichen. 

Damit dies in den krankenhaustypischen Abläufen für alle betroffenen Familien möglich ist, ist es wichtig, dass Fachmenschen wie Hebammen, geburtshelfende Ärztinnen und Ärzte und Krankenhausseelsorger/Innen sensibilisiert mit den "Stillen Geburten" umgehen. Kompakte und praktische Informationen, basierend auf Erfahrungen von Eltern, sind auf der Homepage der Klinikaktion zu finden (http://www.klinikaktion-der-schmetterlingskinder.de/html/kliniken.html) und werden auch in Schulungen vermittelt, die die Ehrenamtlichen der Initiative interessierten Kliniken anbieten. Aufklärungsarbeit bleibt nach wie vor wichtig, um das Thema der "Stillen Geburten" aus der Stille- dem Schweigen und Nichtwissen darüber- heraus zu holen.

Mehr über diese, wie ich finde, sehr wichtige Initiative, in Kürze auf diesem Blog. Nun auch Einblicke über die Motivation zu ihrer Arbeit von der MacherInnen selbst: 

Auszug aus der Homepage der Klinikaktion der Schmetterlingskinder:

Ein Zeichen setzen für die Würde

Wir bekleiden unsere Toten in der Regel immer für ihren letzten Weg. Das gebietet der Anstand und die Würde. Dass wir dies mit unseren kleinen verstorbenen Babys auch tun sollten und wollen, ist mehr als nachvollziehbar.
Es ist ein Zeichen für die Würde, auch die kleinsten Babys zu bekleiden. Es zeigt: DAS HIER SIND KLEINE MENSCHEN - und nicht nur “schiefgegangene” Schwangerschaften oder “missglückte Versuche”, wie wir Sternenkindereltern so oft von außen beschwichtigend (und für uns unendlich verletzend) zu hören bekommen.
Diese kleinen Babys sind schon perfekte kleine Menschlein, selbst wenn sie noch so früh geboren werden. Nichts unterscheidet sie von “normalen” Neugeborenen, bis auf die Größe und manchmal die Farbe ihrer Haut. Ein Kind im Mutterleib ist bereits ab der 12.-14.SSW schon “fix und fertig”, die nächsten 26 Wochen wächst es eigentlich nur und entfaltet und optimiert die Funktionalität seiner Organe, legt an Länge und Gewicht zu, lagert Fett ein.
Gesichtszüge, Finger- und Fussnägel, Härchen - all das ist ab diesem Zeitpunkt meist schon vorhanden! Und für uns Eltern sind diese Kinder so real wie jedes lebende Kind. Wir haben sie in unseren Bäuchen getragen, nach der Geburt in unseren Armen gehalten. Sie sind real und sie verdienen genau dieselbe Würde wie sie jeder Mensch verdient.

Hilfe von Handarbeiterinnen als Basis der Aktion

Es sind hunderte von ehrenamtlichen Helferinnen, die in ganz Deutschland die Kleidungsstücke und Abschiedsaccessoires für die Klinikboxen fertigen und an die zentrale Sammelstelle schicken.
Dort werden die Boxen zusammengestellt und kostenfrei an die Kliniken geliefert, welche diese in aller Regel selbst bestellen oder von seiten der Initiative auf das Angebot hingewiesen werden.
Nur durch die zahlreiche Hilfe von hunderten von Frauen, die in liebevoller Handarbeit die Kleidung und Accessoires fertigen, ist unsere Aktion überhaupt möglich!

http://www.klinikaktion-der-schmetterlingskinder.de/html/die_aktion.html

Sonntag, 27. Oktober 2013

Projekte für Sternenkinder und ihre Familien- 1. "Garten der Sternenkinder"/Berlin- Schöneberg, EFEU e.V.

Aus ganz aktuellem Anlass fange ich mit einer sehr schönen Initiative in Berlin an. Einer der Begleiter dieses Projektes Bernd Boßmann ist dieses Jahr für den deutschen Engagementpreis nominiert. Noch bis zum 1. November kann abgestimmt werden. Unten die Projektbeschreibung, übernommen von der Homepage des Preises, und ein direkter Link zum Onlinevoting:

http://www.deutscher-engagementpreis.de/nc/online-voting/abstimmen/projekt-detail-ansicht.html?project=35

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Bernd Boßmann Sternenkinder EFEU e.V. , Berlin

"Meine Aufgabe ist, Gespräche mit den Eltern zu führen, sie zu begleiten und vor allem auch zu beschützen." (Bernd Boßmann)
 




(Foto: Garten der Sternenkinder 1 von 2008; Quelle: www.efeu-ev.de/sternk2.html)


Wofür setzt man sich ein?
Im Jahr 2006 eröffnete Bernd Boßmann das Friedhofscafé Finovo auf dem Alten St. Matthäuskirchhof in Berlin-Schöneberg und gründete zusammen mit Mitstreitern den Förderverein EFEU e.V., der sich u. a. um den Erhalt und die Pflege der Grabstätten auf dem Friedhof kümmert, z. B. durch Grabpatenschaften.
Im Rahmen des Fördervereins wurde auch das Thema Sternenkinder diskutiert. Sternenkinder sind Kinder, die vor der Geburt versterben oder still geboren werden. Je nach Entwicklungsstand bzw. mit einem Gewicht unter 500 Gramm sind die Kinder nicht bestattungspflichtig. Der Verein entschied zusammen mit der Gemeinde und der Zwölf-Apostel-Kirche, ein Sternenkinderfeld auf dem Friedhof zu errichten.
Bernd Boßmann gründete daraufhin 2007 ein Bestattungsunternehmen, um nicht bestattungspflichtige Kinder überführen und bestatten zu dürfen. Er führt Informationsgespräche mit Eltern und bietet kostenlos die Bestattungen der Sternenkinder an, denn viele Eltern sind in ihrer unglücklichen Situation nicht in der Lage, reguläre Bestattungskosten von bis zu 2.000 Euro aufzubringen. In Kliniken und bei Sozialstationen stoßen die Eltern oft auf Unverständnis. Manche Ärzte wollen die Unbedenklichkeitserklärung, ohne die die Bestattung nicht möglich ist, nicht unterschreiben. Bernd Boßmann setzt sich dafür ein, dass Ärzte, Pathologen und Sozialstationen besser über die Möglichkeiten aufgeklärt werden.

Was wurde bisher erreicht?
Bernd Boßmann hat mittlerweile bereits drei Sternenkinderfelder auf dem Alten St. Matthäuskirchhof angelegt. Bis heute sind dort mehr als 250 Bestattungen von Sternenkindern erfolgt.
2008 rief Bernd Boßmann eine Elterngruppe ins Leben, die sich einmal im Monat im Café Finovo zum Austausch trifft. Zudem initiierte er mit den Eltern eine Website, auf der diese sich austauschen, informieren und gegenseitig unterstützen können.
Seit einiger Zeit findet in Bernd Boßmanns Café unter dem Namen "Café Tod" zusätzlich eine allgemeine Gesprächsrunde für Trauernde statt. Aufgrund der großen Nachfrage sollen die Gesprächsrunden auf andere Orte in Berlin ausgeweitet werden.
Bernd Boßmann ist auch als Unternehmer sozial engagiert. Einen Teil des Erlöses der von ihm vertriebenen "Hauptstadt-Limonade", der "Berlinade", möchte er dafür verwenden, soziale oder kulturelle Projekte in Berlin zu unterstützen. Im Jahr 2009 hat er in der Nähe des Friedhofs das "Theater O-TonArt" gegründet, das er mit ehrenamtlichen Mitstreitern betreibt. 

Vorbildwirkung
Die Enttabuisierung des Themas liegt Bernd Boßmann am Herzen. Er nutzt seine Medienkontakte, um die Öffentlichkeit zu erreichen. Er begrüßt die neuere gesetzliche Entwicklung dazu, die es seit Mai 2013 möglich macht, dass Eltern die Geburt eines Sternenkindes beim Standesamt dokumentieren lassen und dem Kind damit offiziell einen Namen und eine Existenz geben.

Welche Zukunftspläne hat Bernd Boßmann?
Die Nachfrage für Bestattungen von Sternenkindern bleibt sehr hoch. Bernd Boßmann möchte auf dem Alten St. Matthäus Kirchhof noch weitere Sternenkindergärten anlegen. Außerdem plant er die Einrichtung einer Trauerwerkstatt. Darüber hinaus soll ein "Haus der Sinne" geschaffen werden, in dem Trauernde ihren Verlust mit allen Sinnen verarbeiten können.

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Homepage des Efeu e.V. mit mehr Informationen über den Garten der Sternenkinder, sowie auf den Hauptseiten derselben über alle weitere Aktivitäten des Vereins.

http://www.efeu-ev.de/sternk2.html

Projekt Löwenherzchen

Geburtsstunde dieses Blogs!

Projekt Löwenherzchen

ist aus einem Herzensanliegen heraus nach der Totgeburt meines ersten Kindes schon im März 2011 "geboren worden". Nun gibt es endlich (manchmal dauern Dinge eben etwas länger) auch einen offizielle Plattform dazu. Mehr zum Projekt auf der Seite "Was steht hinter Projekt Löwenherzchen?"

Der Blog

Durch diesen Blog erhoffe ich mir Austausch mit anderen Menschen die bereits etwas bewegen konnten oder dabei sind, vielleicht mutmachende Geschichten. Die Schritte zu einem kulturellen Wandel was Sternenkinder angeht in Spanien (wo ich meine Erfahrungen als Mama eines Sternenkinds gemacht habe) und an anderen Orten sollen hier sichtbar gemacht werden. Zum anderen hoffe ich, dass meine Erfahrungen, die ich hier teile, und die Initiativen, die ich hier vorstellen möchte, anderen betroffenen Familien und sonstig Involvierten eventuell hilfreich sein können. Und nicht zuletzt möchte ich hier einen Raum schaffen um die wichtige Arbeit die für Sternenkinder und ihre Familien bereits geleistet wird vorzustellen, bekannt zu machen. Um so einen Gesprächsanlass zu schaffen, der den „Stillen Geburten“ aus der Stille heraus verhelfen könnte.


Die grosse Schwester: der Blog von Mama Löwenherz

Seit April 2013 befasse ich mich mit Weblogs. In meinem ersten Blog mamaloewenherz.blogspot.de berichte über meine Gedanken als angehende Doula und Selbstbestimmung im Bereich der Geburt. Noch muss ich hineinwachsen in das Vernetzen im Internet, trotzdem wage ich hiermit meinen zweiten Blog... denn sie gehören genau genommen zusammen: das Berichten über das Leben/ geboren werden und das Sterben.   
Ich bin dankbar für jeden Kommentar, jeden Austausch, der auf dieser Plattform stattfinden kann.