Was steht hinter Projekt Löwenherzchen

Was steht hinter Projekt Löwenherzchen?


Der Blog

Durch diesen Blog erhoffe ich mir Austausch mit anderen Menschen die bereits etwas bewegen konnten oder dabei sind, vielleicht mutmachende Geschichten. Zum anderen hoffe ich, dass meine Erfahrungen, die ich hier teile, und die Initiativen, die ich hier vorstellen möchte, anderen betroffenen Familien und sonstig Involvierten eventuell hilfreich sein können. Und nicht zuletzt möchte ich hier einen Raum schaffen um die wichtige Arbeit die für Sternenkinder und ihre Familien bereits geleistet wird vorzustellen, bekannt zu machen. Um so einen Gesprächsanlass zu schaffen, der den „Stillen Geburten“ aus der Stille heraus verhelfen könnte.

Mein Herzensanliegen

ist das Eintreten für einen bewussteren Umgang mit Sternenkindern und deren Familien. Durch meine persönlichen Erfahrungen in Barcelona, wo ich 2010 meinen ersten Sohn tot auf die Welt brachte, begann ich mich mit dem Thema der Totgeburt zu befassen. Und zu verstehen, was uns beim Abschied unseres Kindes gefehlt hatte und zum Teil bis heute fehlt: ein würdiger, zeitgebender Umgang im Krankenhaus und ein würdiger Grabplatz. So entwickelte sich in mir insbesondere den Wunsch z.B. in Deutschland bereits vorhandene hilfreiche Projekte als Multiplikatorin nach Spanien zu bringen: z.B. die Idee der Grab- und Ruhestätten für „Sternenkinder“ wie sie hier seit dem Jahr 2000 in immer mehr Städten entstehen- Orte, die gestaltet sind als würdige Grabstätte für die früh verstorbenen Kinder, und als würdiger Gedenk- und Trauerort für die hinterbliebenen Familien.

In enger Zusammenarbeit mit den dortigen Elterninitiativen (Petitsambllum/Barcelona, Umamanita/ Madrid, Superando un aborto/ Katalonien) sollen in den nächsten Jahren konkrete Umsetzungen erfolgen, auf der Ebene der Geburtshilfe in Krankenhäusern und auf der Ebene der Bestattungsmöglichkeiten für ein verstorbenes Kind. Alle drei og. Gruppen leisten hier bereits seit einigen Jahren Pionierarbeit und bringen das Thema der „Stillen Geburt“ ( Begriff der Fehl- und Totgeburten umfasst) langsam an die Öffentlichkeit und sind auch in der Arbeit vor Ort aktiv, z.B. durch Schulungen und Fachgesprächen mit medizinischem Personal, sowie das Einführen von Selbsthilfegruppen- von betroffenen Eltern für betroffene Eltern. Ich bin sehr froh die Eltern- Selbsthilfe- Gruppe „Petits amb llum“ („Kleine mit Licht“) nach der Totgeburt meines Sohnes kennengelernt zu haben und auch etwas stolz auf das erste öffentliche Gedenkfest dass wir 2011 auf die Beine gestellt hatten.


Das Löwenherz- der Name dieses Blog

Mein erstgeborenes Kind heisst Frédérick Lleonard- und das bedeutet friedensreich/voller Frieden und stark wie Löwe/Löwensherz. Den Namen bekam er schon während der Schwangerschaft. Als mein Sohn tot auf die Welt kam bekam dieser Name eine noch tiefere Bedeutung für mich. Sein kleines Herzchen stand zwar still, aber er hatte mein Herz schon lange berührt. Um das Anliegen dieses Kindes und aller Sternenkinder zu schützen und wahren braucht es auch Herz und Mut, finde ich. Da passt das Bild des Löwen, der Löwenmama auch wieder. Als Mama Löwenherz, habe ich wohl viel mit anderen betroffenen Eltern gemeinsam: mein Herz schlägt weiter und stark für mein Sternenkind.

Motivation

Aus meinen Erfahrungen haben  sich folgende Aspekte bei der Geburt eines Sternenkindes für mich als wichtig herausgestellt, das weitere Bekanntmachen der Wichtigkeit dieser ist ein Leitmotiv meiner Arbeit für das „Projekt Löwenherzchen“
 
  1. Zeit über den Moment der Geburt zu bestimmen („abwartende Haltung“) und die Möglichkeit einer möglichst selbstbestimmten Geburt
  2. Zeit nach der Geburt das Kind intensiv zu begrüssen
  3. Zeit für die Verabschiedung bei der Bestattung
  4. Ein würdiger Ruheort für das Sternenkind, ein würdiger Gedenkort für die trauernde Familie

Diese Aspekte scheinen universal gültig zu sein. Denn ich finde sie immer wieder, an vielen Orten und Ländern, auf Seiten von Selbsthilfeinitiativen von Sternenkindereltern, in Erlebnisberichten betroffener Eltern als artikulierte Bedürnisse, sehr oft auch von fachlicher Seite.

Ich habe in den letzten Jahren gelernt, dass es einen laaaangen Atem braucht um etwas zu bewegen, etwas Mut, eine Prise Hartnäckigkeit und vor allem starke Netzwerke um Kräfte zu bündeln. Nach fast drei Jahren sind die Ergebnisse meiner Arbeit zu meinem Herzensanliegen spärlich, kaum sichtbar. Aber erste Samen sind gestreut, wichtige erste Schritte, die gegangen wurden- und die nun weiterhin liebevoller Pflege bedürfen.

Ein Sternenkindergrabfeld für Barcelona!
 
Der Wunsch ein spanienweit erstes Grabfeld für Sternenkinder in Barcelona mit zu initiieren war bereits einige Monate nach der Geburt meines toten Kindes in mir gereift. Auf meiner Reise durch Deutschland im Februar und März 2011 lernte ich wichtige Initiativen für Sternenkinder und ihre Familien kennen (Das Heilhaus in Kassel und die Klinikaktion der Schmetterlingskinder), andere betroffene Eltern und konnte auch einen Grabplatz für Sternenkinder besuchen, den "Garten der Sternenkinder" in Berlin. In der damals intensiven Beschäftigung mit dem perinatalen Tod erfuhr ich, dass es auch in Deutschland erst zu einem Bewusstseinswandel hinsichtlich der Sternenkinder gekommen war seit etwa den späten 80er Jahren mit der Veröffentlichung von Hannah Lothrops Buch: Gute Hoffnung- jähes Ende. In Krankenhäusern hatte sich seitdem langsam der Umgang mit Sternenkindern und deren Familien gewandelt- von der Lehrmeinung Eltern sollten das verstorbene Kind lieber garnicht ansehen, schnell “vergessen”, hin zu einem bewussten Begrüssen und Verabschieden - und zum anderen enstanden seit den 2000er Jahren in immer mehr Städten und Gemeinden Grabstätten für Sternenkinder. Die Initiative für solche Änderungen ging haupsächtlich von betroffenen Eltern aus, die sich zusammenschlossen und Initiativen zur Selbsthilfe gründeten- und für sie Wichtiges mit viel Durchhaltevermögen errungen hatten bzw. hart dafür arbeiteten. Ich begann zu verstehen was der weithin bekannte Begriff "Trauerarbeit" auch bedeuten konnte. So fasste ich damals Mut, war inspiriert und begann Fragen zu stellen: Wenn der Wandel zu einem anderen Umgang mit Sternenkindern z.B. in Deutschland möglich gewesen war, dann musste doch ein solcher Wandel auch in Spanien möglich sein! Nicht frei von Bedenken ob es mir als einzelner betroffener Mama eines Sternenkindes zustand eine andere Bestattungskultur einzufordern, nehme ich Kontakt auf zu der Friedhofsverwaltung in Barcelona auf. Einem Direktor der sich sichtlich betroffen zeigte als ich ihm von Ruhe- und Gedenkstátten für Sternenkinder in aller Welt erzählte und aufzeigte was uns und anderen Familien in Barcelona so schmerzlich fehlt- nämlich ein würdiger Ort für das Grab und das Erinnern, ein würdiger Umgang mit unseren toten Kindern. Solange ich als Einzelperson zu ihm komme könne er nichts für mich tun, sagte er mir damals, er glaube nicht einmal dass alle Familien tatsächlich einen anderen Umgang wünschten, so die Antwort. Ich versprach weiterzuforschen wie es zu diesem Wandel z.B. in Deutschland gekommen war. Dass Bedarf bei anderen betroffenen Familien in Spanien da war konnte ich bereits damals bestätigen, da wir in der Elterngruppe "Petitsambllum" viele Gespräche führten und sehr vielen Familien ein würdiger Grabplatz oder ein Ort des Erinnerns fehlte.

Veränderungen in Spanien

Seit 2011 hat sich auch in Spanien viel getan. Es finden öffentliche Gedenkfeiern statt. Zeitungen und andere Medien beginnen zu berichten, über die Elterninitiativen, über die in der Gesellschaft verschwiegenen fehl- und totgeborenen Kinder. Auch per gesetz hat sich etwas geändert.So können seit Juni 2012 totgeborene Kinder in das Familienstammbuch aufgenommen werden. Vorher war das ganz ausgeschlossen. Diese Änderung ergab sich aufgrund der Skandale um gestohlene Babies während der Francodiktatur, die seit 2010 aufgedeckt wurden, leider nicht wegen der unermüdlichen Bitten an die Behören seitens der Eltern die ein Sternenkind haben. Dabei ist dieses Gesetz nur halbherzig, denn nun können zwar Kinder die weniger als 24 Stunden lebten im Familienstammbuch einen Namen bekommen, aber nur wenn die Schwangerschaft mindestens 6 Monate gedauert hat.
Bis dahin wurden nur Kinder registriert die mindestens 24 Stunden lebten. Das war für die viele Familien eine schmerzhafte Lücke.

Um noch mehr zu bewegen fehlt nur ein starkes Netzwerk. In der recht jungen Selbsthilfebewegung in Spanien beginnen z.B.trauernde Eltern erst seit wenigen Jahren ihre Stimmen zu bündeln und Bedürfnisse zu artikulieren. Der Einsatz dieser und einiger engagierter Fachfrauen, wie Hebammen und Doulas, ist von unschätzbarem Wert. 

Mein Kind in Spanien zu verlieren bedeutete neben meinem ganz persönlichen Trauerweg, mich mit dem Mangel an Gestaltungsmöglichkeiten dort auseinanderzusetzen. Dadurch habe ich sehr viel gelernt, fühle mich auch in die Verantwortung genommen etwas beizutragen zu einem Wandel. Ich denke, dass mein Bericht darüber gut kontrastiert was an anderen Orten bereits erreicht und errungen wurde. Und wie wertvoll diese Errungenschaften sind:
  1. Zeit über den Moment der Geburt zu bestimmen („abwartende Haltung“) und die Möglichkeit einer möglichst selbstbestimmten Geburt
  2. Zeit nach der Geburt das Kind intensiv zu begrüssen
  3. Zeit für die Verabschiedung bei der Bestattung
  4. Ein würdiger Ruheort für das Sternenkind, ein würdiger Gedenkort für die trauernde Familie
Es geht um Zeit und Raum. Wird ein Verlust gut begleitet, so dass Eltern Zeit und Raum haben sich in ihrem Tempo von ihrem Kind zu verabschieden, ist der Weg für einen gesunden Trauerprozess oftmals geebnet. Und das bedeutet für die hinterbliebenen Familien oft einen Gewinn an Leben. 

Es geht um die Würde der Sternenkinder und die Möglichkeit sie würdevoll verabschieden zu können. Dafür steht auch Projekt Löwenherzchen.

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